LESERFRAGEN RATGEBER-AKTION „KOPFSCHMERZ“ am 20.06.2013
Bislang dachte ich eigentlich, ich hätte ganz normale Kopfschmerzen. Doch in letzter Zeit treten bei mir immer öfter einseitige Schmerzen hinter dem Auge mit Nackenverspannungen auf. Was kann das sein?
-
PD Dr. med. Charly Gaul, ärztlicher Leiter der Migräne- u. Kopfschmerzklinik Königstein. Facharzt für Neurologie und Spezielle Schmerztherapie:
Einseitige Kopfschmerzen mit maximaler Ausprägung hinter dem Auge und zusätzlichen Nackenverspannungen könnten auf eine Migräne hindeuten. Dafür würden insbesondere zusätzlich Licht- und Geräuschempfindlichkeit sowie Übelkeit sprechen. Wenn bei den Schmerzen hinter dem Auge zusätzlich Augentränen und Naselaufen auftreten und die Attacken kurz andauern (30 Minuten bis ca. zwei Stunden), könnte es sich stattdessen auch um einen Clusterkopfschmerz handeln. Um eine Diagnose zu erhalten, ist ein Besuch beim Facharzt unerlässlich. Dort ist eine genaue Schilderung der Symptome notwendig, damit eine gezielte Behandlung begonnen werden kann.
Dank einiger Triptane hab ich meine Migräne ganz gut im Griff. Allerdings hab ich den Eindruck, dass günstigere Wirkstoffvarianten, die von der Krankenkasse übernommen werden, nicht so gut helfen. Kann das sein?
- PD Dr. Gaul: Prinzipiell wirken alle Triptane in der Migräneattacke gut, da sie einen ähnlichen Wirkort im Gehirn oder Nervensystem haben. Tatsächlich unterscheiden sie sich hinsichtlich ihrer Wirkdauer. Bei kurzwirksamen Triptanen setzt die Wirkung schnell ein. Allerdings kommt es nach Stunden häufiger zu Wiederkehrkopfschmerz. Langwirksame Triptane verursachen selten einen Wiederkehrkopfschmerz, sie wirken jedoch langsamer. In den Apotheken erhalten Sie manchmal Re-Importe aus anderen Ländern. Hierbei handelt es sich meistens um Originalpräparate, die nach Deutschland importiert werden. Zudem gibt es Nachahmer-Präparate, die sogenannten Generika. Diese enthalten die gleiche Wirkstoffmenge wie das Original. Gelegentlich unterscheiden sich jedoch die Beistoffe, die Auswirkung auf die Verträglichkeit oder die Wirkgeschwindigkeit haben können.
Meine Tochter klagt häufiger über Kopfschmerzen. Bislang dachte ich, sie will sich vor der Schule drücken. Doch inzwischen glaube ich, es ist vielleicht doch was dran und frage mich, wie ich ihr helfen kann?
- PD Dr. Gaul: Kopfschmerzen bei Kindern und Jugendlichen sind keinesfalls selten. Im Gegensatz zum Erwachsenenalter sind Jungen hier etwa gleich häufig betroffen wie Mädchen. Kopfschmerz- und Migräneattacken dauern bei Kindern oft kürzer als bei Erwachsenen und sind häufiger beidseitig und nicht einseitig ausgeprägt. Gerade jüngere Kinder haben Schwierigkeiten mit der Beschreibung ihrer Schmerzen und der Begleitsymptome, daher ist eine Verhaltensbeobachtung hilfreich. Zieht sich das Kind zurück, legt es sich hin und zieht die Vorhänge zu, spricht alles für Migräne, die oft von Lichtempfindlichkeit und Rückzugsbedürfnis begleitet wird. Eine vorbeugende Behandlung von Kopfschmerzen im Kindesalter sollte auf nicht medikamentöse Strategien aufbauen. Wichtig ist das Einhalten regelmäßiger Ruhe- und Pausenzeiten, ausreichend Schlaf, regelmäßiges Essen und Trinken. Akute Kopfschmerzen können durch Analgetika, wie Ibuprofen, meist gut behandelt werden.
In meinem Bekanntenkreis haben einige ihre Kopfschmerzen mit Akupunktur bessern können. Doch ich bin skeptisch, ob das auch etwas für mich ist. Wann ist eine solche Behandlung erfolgversprechend?
- HP André Tonak, Heilpraktiker, Mentaltrainer in einer eigenen Naturheilpraxis in Hamburg: Eine Akupunkturbehandlung zeigt bei Kopfschmerzen und Migräne in 80 Prozent der Fälle gute bis sehr gute Behandlungserfolge – was auch durch klinische Studien sehr gut belegt ist. Bevor mit der Akupunktur begonnen wird, findet erst einmal eine gründliche Untersuchung (Puls- und Irisdiagnose) und Befragung zur Krankengeschichte statt. Häufig findet man schon hier Faktoren, die Kopfschmerzen begünstigen, wie Flüssigkeitsmangel, Übersäuerung, Allergien, Bluthochdruck, hormonelles Ungleichgewicht, Dauerstress, Bewegungsmangel oder genetische Disposition. Findet begleitend zur Akupunktur eine aktive Umstellung der Lebensgewohnheiten mit typgerechter Ernährung, ausreichender Bewegung, Entsäuerung des Körpers sowie dem Erlernen von Entspannungstechniken statt, ist die Behandlung so gut wie immer von Erfolg gekrönt.
Mein Physiotherapeut meint, mein Energiehaushalt sei unausgeglichen. Ich hätte zu viel Energie im Kopf und daher auch häufig Kopfschmerzen. Halten Sie das für plausibel? Was kann ich dagegen tun?
- HP André Tonak: Um den Grund Ihrer Kopfschmerzen herauszufinden, bedarf es erst einmal einer gründlichen Anamnese. Dabei können unterschiedlichste Faktoren Kopfschmerzen auslösen oder begünstigen. Mit „zu viel Energie im Kopf“ meint Ihr Therapeut wahrscheinlich, dass Sie unter Stress und Anspannung stehen, vielleicht hervorgerufen durch Arbeitsüberlastung, Partnerschaftsprobleme, Existenzsorgen, Bewegungsmangel, Perfektionismus oder Ähnliches. Durch Stresshormone wie Adrenalin und Noradrenalin kommt es zur Verkrampfung der Muskulatur und von bestimmten Gefäßen im Gehirn. Auch werden bestimmte Gewebshormone aktiviert, die Entzündungen und Schmerzen in den Gehirngefäßwänden fördern.
Lässt sich Migräne mit Schüssler-Salzen oder homöopathischen Globuli behandeln? Welche sind da die richtigen?
- HP André Tonak: Eine Migräne lässt sich gut durch homöopathische Arzneien und Schüssler-Salze behandeln. Die Behandlung ist aber um ein Vielfaches erfolgreicher, wenn Sie mit einer Akupunktur und einer Veränderung ungünstiger Lebensgewohnheiten verbunden wird. Welches homöopathische Mittel empfehlenswert ist, ergibt sich aus der Kopfschmerzgeschichte des Migräne-Patienten und richtet sich nach Konstitutionstyp, Alter, Geschlecht, Temperament und Lebensumständen. In der Migräne-Therapie werden homöopathische Mittel, wie Gelsemium, Digitalis, Nux Vomica, Sanguinaria, Cyclamen, Iris, Ignatia und Viscum Album, eingesetzt. Bei den Schüssler-Salzen finden Magnesium Phosphoricum, Natrium Chloratum, Calcium Carbonicum, Zincum Chloratum und Kalium Bromatum Verwendung.
Meine Schwester behauptet, dass homöopathische Behandlungen von Kopfschmerzen von den gesetzlichen Krankenkassen grundsätzlich nicht bezahlt werden. Stimmt das wirklich?
- Karin Groth, Expertin für Krankenzusatz-Versicherungen bei den Ergo Direkt Versicherungen, Fürth: Die gesetzlichen Krankenkassen erstatten homöopathische Behandlungen in der Regel nicht. Mit einer privaten Heilpraktiker-Zusatzversicherung aus unserem Hause beispielsweise können bis zu 50 Prozent der Kosten oder maximal 500 Euro pro Kalenderjahr erstattet werden.
Ich überlege schon seit einiger Zeit, ob ich eine Zusatzversicherung für Heilpraktikerbehandlungen abschließen soll. Doch wie kann ich sicher sein, dass die Rechnungen meines Homöopathen dann tatsächlich übernommen werden?
- Karin Groth: Vor dem Abschluss einer Zusatzversicherung ist es notwendig, Gesundheitsfragen wahrheitsgemäß zu beantworten und wirklich alle Erkrankungen anzugeben, also auch Infekte oder Ähnliches. Erstattungen für Krankheiten, die bereits besprochen oder behandelt wurden, können unter Umständen mit einem Risikozuschlag oder nach Prüfung mit einem Ausschluss aus dem Vertrag belegt werden. Für den Versicherungsnehmer ist es wichtig, die allgemeinen und besonderen Wartezeiten im Vertrag zu beachten. Die vereinbarten Leistungen sollten im Detail geklärt und die Versicherungsbedingungen genau gelesen werden. Zudem ist es ratsam, mögliche Fragen bereits vor Abschluss der Zusatzversicherung von der Versicherungsgesellschaft beantworten zu lassen. Wenn man diese Punkte beachtet, wird einer Übernahme eines Teils der späteren Kosten – etwa für einen Heilpraktiker – nichts mehr im Wege stehen.
Wegen meiner Kopfschmerzen werde ich seit geraumer Zeit ärztlich behandelt – ohne Besserung zu spüren. Nun möchte ich es gerne mit einem Heilpraktiker versuchen. Wäre für mich eine Zusatzversicherung für Heilpraktiker-Behandlungen noch möglich oder ist da aufgrund der Vorerkrankung nichts mehr zu machen?
- Karin Groth: Ich kann Ihnen empfehlen, einfach einen Antrag auf eine entsprechende Zusatzversicherung zu stellen und wahrheitsgemäß alle Vorerkrankungen anzugeben. Die Versicherungsgesellschaft wird das Risiko prüfen und Ihnen vielleicht eine Mitversicherung der Vorerkrankung mit einem Risikozuschlag anbieten. Sie können dann für sich in Ruhe entscheiden, ob eine private Zusatzversicherung mit einem solchen Risikozuschlag für Sie Sinn macht oder nicht.
Um meine Migräne zu behandeln, hat mir mein Neurologe zur Vorbeugung Betablocker verordnet. Aus Angst vor Nebenwirkungen und Gewichtszunahme traue ich mich bisher nicht, die Tabletten zu nehmen. Was raten Sie?
- Prof. Dr. med. Hartmut Göbel, ärztlicher Direktor der Schmerzklinik Kiel. Facharzt für Neurologie und spezielle Schmerztherapie, Diplom-Psychologe: Betablocker sind sehr wirksame und gut verträgliche Medikamente zur Vorbeugung von Migräne. Sie werden daher auch als Medikamente der ersten Wahl bezeichnet. Betablocker können über viele Monate oder gar Jahre mit guter Verträglichkeit eingesetzt werden und ihre Sicherheit ist sehr hoch. Sie können bei vielen Patienten die Migräneattacken um mehr als 50 Prozent reduzieren, bei einigen Patienten sogar noch erheblich mehr. Man führt diese Behandlung durch, um den Körper vor Schmerzen zu schützen und die häufige Einnahme von Akutmedikamenten zu reduzieren. Eine Gewichtszunahme kann im Einzelfall aufgrund einer Stabilisierung des Stoffwechselumsatzes auftreten. In aller Regel ist dies jedoch unbedeutsam und kann durch eine angepasste Ernährung leicht vermieden werden.
Schon als Teenager hatte ich regelmäßig Kopfschmerzen. Inzwischen bin ich Mitte 40, habe Migräne und fühle mich während eines Anfalls immer öfter leicht depressiv. Woran kann das liegen und was kann ich dagegen tun?
- Prof. Dr. med. Hartmut Göbel: Migräneattacken gehen sehr häufig mit starken Auswirkungen auf die Stimmung einher. Das Risiko, an einer Depression zu erkranken, wenn eine Migräne besteht, ist deutlich erhöht. Auch aus diesem Grunde sollte die Migräne sehr ernst genommen und effektiv vorbeugend behandelt werden. Gleichzeitig sollte auch eine wirksame Attacken-Therapie aufgebaut werden.
Können Kopfschmerzen wirklich wirksam mit Botox behandelt werden?
- Prof. Dr. med. Hartmut Göbel: In langjährigen internationalen Studien hat sich herausgestellt, dass Botox bei der sogenannten chronischen Migräne wirksam ist und effektiv die Häufigkeit der Attacken reduzieren kann. Chronische Migräne ist dadurch charakterisiert, dass an mehr als 15 Tagen pro Monat Kopfschmerzen bestehen, dabei müssen an mindestens acht Tagen die Merkmale der Migräne erfüllt sein, an weiteren Tagen können auch andere Kopfschmerztypen auftreten. Botox muss von einem in der Behandlung erfahrenen Arzt angewendet werden. Bei weniger als 15 Kopfschmerzattacken pro Monat, bei chronischem Spannungskopf-schmerz und bei Kopfschmerz durch Medikamentenübergebrauch ist Botox nicht wirksam.
Forum "Gesundes Konz"
Galeria Vital® Gesundheits- und Marketingredaktion